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18.11.2022
Museum

Die Eintracht und Japan

Zur Einstimmung auf das Spiel in Osaka hat Ulrich Matheja noch mal intensiv in unserem Archiv geblättert und einige japanische Eintracht-Geschichten ausgepackt.

Der Fußball in Asien kann auf eine lange vorkoloniale Geschichte zurückblicken. Aus dem China der Han-Dynastie (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.) ist Cuju überliefert, das auch in Korea, Japan und Vietnam bekannt war, im 17. Jahrhundert aber langsam in Vergessenheit geriet. Während des 19. Jahrhunderts waren es dann Europäer, die dem Fußball in Asien neues Leben einhauchten. So auch in Japan, wo Lieutenant-Commander Archibald Lucius Douglas von der Royal Navy ab 1873 japanischen Marinekadetten an der Kaiserlichen Marine-Akademie in Tokio das Fußballspielen beibrachte. Als erstes offizielles Fußballspiel auf japanischem Boden gilt die Begegnung zwischen den Yokohama Country & Athletic Club und dem Kobe Regatta & Athletic Club am 18. Februar 1888. Beide Klubs bestehen bis heute.

In den 1920er Jahren wurde Fußball hauptsächlich an Hochschulen und Universtäten gespielt. 1921 wurde die Japan Football Association gegründet, die 1929 der FIFA beitrat. Das erste offizielle Länderspiel wurde 1923 während der Fernöstlichen Spiele in Osaka gegen die Philippinen ausgetragen (1:2), obwohl Hochschul-Teams Japan bereits während der Turniere 1917 in Tokio und 1921 in Shanghai vertreten hatten. 1936 nahm Japan an den Olympischen Spielen in Berlin teil, schied aber nach einem überraschenden Sieg gegen Schweden (3:2) im Viertelfinale gegen den späteren Olympiasieger Italien aus (0:8). Die JFA hatte auch für die WM 1938 gemeldet, sich dann aber zurückgezogen, so dass Niederländisch-Indien (heute Indonesien) kampflos nach Frankreich fuhr. Es sollte 60 Jahre bis zur ersten WM-Teilnahme dauern. 1998 in Frankreich wurden aber alle drei Gruppenspiele gegen Argentinien, Kroatien und Jamaika verloren. Seitdem war Japan jedoch bei  allen WM-Endrunden dabei und 2002 zusammen mit Südkorea sogar WM-Gastgeber. 1992, 2000, 2004, 2011 wurde die Asienmeisterschaft geholt und 1968 bei den Olympischen Spielen in Mexiko City Bronze. 1954 gehörte die JFA zu den Gründungsmitgliedern des asiatischen Kontinentalverbandes Asian Football Confederation (AFC). 2011 schließlich holten sich die japanischen Frauen vor 48.817 Zuschauern im Frankfurter Waldstadion im Elfmeterschießen gegen die USA den WM-Titel.

Die J-League

Naohiro Takahara spielte zwischen 2006 und 2008 für unsere Eintracht.

Der Aufschwung des japanischen Fußballs geht auf die 1993 gegründete professionelle J-League zurück, die die seit 1965 auf Amateurbasis operierende Japan Football League ablöste. Sowohl die Urawa Red Diamonds als auch Gamba Osaka gehörten damals zu den Gründungsmitgliedern. Die abgelaufene Saison beendete der fünfmalige japanische Meister (zuletzt 2006), achtmalige Kaiserpokalsieger (zuletzt 2021) und zweimalige AFC-Champions-League-Sieger (2007 und 2017) Urawa Red Diamonds als Zehnter. Gamba Osaka (Meister 2005 und 2015 und fünfmal Kaiserpokalsieger/zuletzt 2015) landete mit nur einem Punkt Vorsprung auf den Relegationsplatz auf Rang 15. Die Liga zog und zieht zahlreiche internationale Stars an. Von der Eintracht wechselten Uwe Rahn (1993/94) und Uwe Bein (1994 – 1997) zu den Urawa Red Diamonds. Den umgekehrten Weg bestritten Nahiro Takahara (2006 – 2008, 49 Pflichtspiele/18 Tore), Junichi Inamoto (2007 – 2009, 46/0), Takashi Inui (2012 – 2016, 87/9), Makoto Hasebe (seit 2014, 272/2) und Daichi Kamada (2017/18 und seit 2019, 154/36).

Der japanische Bundesliga-Rekordspieler

Makoto Hasebe ist japanischer Rekordspieler in der Bundesliga.

Makoto Hasebe spielte von 2002 bis 2007 für die Red Diamonds, wurde mit dem Klub 2006 Meister, 2005 und 2006 Kaiserpokalsieger und 2007 AFC-Champions-League-Sieger. Mit 362 Einsätzen (7 Toren) ist er japanischer Bundesliga-Rekordspieler. Für Japan bestritt er 114 Länderspiele, nahm an den WM-Endrunden 2010, 2014 und 2018 teil und wurde 2011 Asienmeister. Daichi Kamada spielte von 2009 bis 2009 als Jugendlicher für Gamba Osaka und kam 2017 von Sagan Tosu (J-League Elfter 2022) an den Main. 2018/19 war er an den belgischen Erstligisten K. Sint-Truidense VV ausgeliehen. Er nimmt 2022 in Katar zum ersten Mal an einer WM teil.

Abseits des Fußballs reichen die Kontakte der Eintracht jedoch schon bis in die Zeit des 1. Weltkriegs zurück. Im November 1914 geriet Karl Feuerbach, Mitglied des Frankfurter Fußball-Vereins, in der deutschen Kolonie Tsingtau in japanische Kriegsgefangenschaft, aus der er erst im Dezember 1919 entlassen wurde. In den 1920er Jahren gab es dann vor allem in der Leichtathletik Kontakte nach Japan. Eugen Eldracher reiste 1929 mit den deutschen Leichtathleten nach Asien. Acht Wochen dauerte die Fahrt mit der Bahn über Berlin und Moskau nach Wladiwostok, von wo es mit dem Schiff weiterging. Nach Ländervergleichen in Japan führte ihn die Reise auch nach China und Korea. In Osaka lief er die 100 m in 10,6 Sekunden, in Mukden in 10,5 und in Seoul sogar in der Weltrekordzeit von 10,3. Allerdings wurde der Weltrekord nie anerkannt, da er angeblich zu viel Rückenwind hatte. Eldracher war’s egal. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland sagte er: „Ich war nie besser als in Asien“. Auch Eintracht-Hammerwerferin Betty Heidler erzielte ihre Bestleistung in Japan: Mit 74,76 m wurde sie 2007 in Osaka Weltmeisterin.

Im November 2014 weilten unser damaliger Trainer Thomas Schaaf und Sportdirektor Bruno Hübner auf Einladung der Jikei Group of Colleges in Tokio, um Schülern über den Fußball in Deutschland zu berichten und Kooperationen voranzutreiben. Nach der Reise betonte Bruno Hübner: „Das Interesse und die Resonanz unseres Besuchs haben gezeigt, dass Eintracht Frankfurt in Japan einen hervorragenden Namen genießt.“ Nach dem Europa-League-Triumph und dem Einzug ins Achtelfinale der Champions League in diesem Jahr dürfte das Interesse derzeit kaum geringer sein.

Bisherige Spiele der Eintracht gegen japanische Klubs:

03.08.1992  Yomiuri FC,  3:1 in Tokio (Coca Cola Cup), 55.000 Zuschauer, Torschützen: Kruse, Yeboah, Reis.

26.07.1996  Urawa Red Diamonds,  1:1 in Wetzlar, 3.000 Zuschauer, Torschütze: Gaudino.

02.08.2015  FC Tokio,  3:2 in Frankfurt (Waldstadion, Frankfurt Main Finance Cup), 50.000 Zuschauer, Torschützen: Seferovic, Stendera, Aigner.